Zum Glück war eine Förderung für den Bau des Rechenzentrums in Höhe von 2,7 Millionen Euro bereits beantragt, bearbeitet und zur Auszahlung durch die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) Anfang 2002 angewiesen. Außerdem hatte die CargoLifter AG schon vorher Gespräche mit dem Bundeswirtschaftsministerium aufgenommen, um Förderung für die neuentwickelte Luftfahrt-Technik zu erhalten.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte CargoLifter 42 Millionen Euro Förderung mit dem obersten Zweck der Schaffung von Arbeitsplätzen erhalten, gekoppelt an den Bau der Halle, die etwa 85 Millionen Euro kostete. Das gelang unter Leitung der dafür gegründeten Tochterfirma CargoLifter MAP übrigens in der geplanten Zeit und zu den geplanten Kosten – und das nur 50 km vom neuen Berliner Flughafen entfernt!
2/3 der Hallen-Förderung kam aus Mitteln der EU und des Bundes und 1/3 vom Land Brandenburg. Es gab zu keinem Zeitpunkt irgendeine andere Förderung der CargoLifter AG, z.B. als Unternehmen der Luftfahrttechnik, das eine weltweit einmalige Technologie zur Einsatzreife entwickelte.
Der brandenburgische Wirtschaftsminister Fürniß, der später 3 Jahre Haft wegen Betruges absitzen musste, hatte der CargoLifter AG eine Bedingung für die dringend benötigte Auszahlung genannt. Er forderte, die ILB an erster Stelle bei der Hypothek einzutragen.
Nachdem die CargoLifter AG seine Bedingung erfüllt hatte, verweigerte er die Auszahlung der Förderung des Rechenzentrums. Und dann signalisierte er dem Unternehmen, jedes Gespräch sei sinnlos, solange der Vorstand Dr. Carl von Gablenz im Amt bliebe.
Dass die CargoLifter AG danach innerhalb von Wochen insolvent werden würde, wusste Fürniß genau. Was das Management damals nicht wusste, was aber aus Akten des Bundeswirtschaftsministeriums hervorgeht: hinter den Kulissen des Bundeswirtschaftsministeriums und des Landeswirtschaftsministeriums war bereits beschlossen worden, CargoLifter zu beerdigen.
Die Unternehmensführung bemühte sich um den renommierten Insolvenzverwalter Dr. Jobst Wellensiek, der den Versuch unternehmen wollte, das Unternehmen in einer verkleinerten Form zu retten. Es ist weithin unbekannt, dass Unternehmen dieses Vorschlagsrecht besitzen. Aber beim Amtsgericht Cottbus wurde dieser Vorschlag abgelehnt. Man habe bereits einen Insolvenzverwalter bestimmt: Prof. Dr. Rolf-Dieter Mönning.
Mit Eintritt der Insolvenz forderte nun das Land Brandenburg durch seinen ausführenden Arm, die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB), von CargoLifter die bis dahin aufgelaufene Förderung trotz weitgehender Erfüllung der Förderkriterien mit Zins und Zinseszins zu 100 % zurück, womit durch einen Federstrich aus Eigenkapital schlagartig Schulden wurden.
Der Insolvenzverwalter setzte einen Gläubigerausschuss ein, mit 3 Mitgliedern: IG-Metall-Justitiar Peter Hunnekuhl, der merkwürdigerweise gleichzeitig als Geschäftsführer der Firma Mypegasus Unternehmen bei Massenentlassungen half, Dr. Volker Wasmuth vom Landeswirtschaftsministerium und Bernd-Armin Schmidt von der Investitionsbank des Landes Brandenburg. Also zwei Kontrolleure aus dem gleichen Stall.
Die Aktionäre mussten leider draußen bleiben, genau wie Handwerker und Unternehmen. In einer Pressemitteilung des Insolvenzverwalters hieß es: „Gläubigerin mit der höchsten Einzelforderung ist die ILB Investitionsbank des Landes Brandenburg mit einer Forderung in Höhe von 52.186.241,68 Euro. Gegen die Stimme der ILB können keine Entscheidungen getroffen werden.“
Und so ging die Insolvenz ihren Gang. Volle 17 Jahre. Die Konstruktion ist bemerkenswert. Durch den Trick des Wirtschaftsministers und Betrügers Fürniß wurde die ILB zum größten Gläubiger und zog als dominante Kraft in den Gläubigerausschuss ein, flankiert durch einen Vertreter des Brandenburger Wirtschaftsministeriums. Als Hunnekuhl 2015 starb, waren die beiden ganz alleine am Ruder, gemeinsam mit dem Insolvenzverwalter.
Das bedeutet, die Organisationen, die CargoLifter in die Insolvenz gebracht haben, wachten nun darüber, dass alles mit rechten Dingen zuging – und wo das Geld landete. Das ist eine Konstruktion, die man als geradezu sizilianisch bezeichnen kann.
Über das Verfahren, so teilte Insolvenzverwalter Mönning 2002 mit, könnten sich alle Gläubiger über „Insolnet“ informieren, ein Online-Portal. Leider steckte nicht viel hinter der Hi-Tech-Lösung. Die wesentlichen Informationen verschwanden seitdem in einem Nebel von seltenen und so informationsarmen, aber flüssig geschriebenen Berichten, dass man von überflüssigen Berichten sprechen kann. Und die wurden nicht verteilt, es gab keine Benachrichtigung, man musste sie suchen. Man könnte auch sagen, sie wurden im Insolnet versteckt. Die Berichte enthielten vor allem keine Angaben, wer wieviel Geld für was erhalten hat.
Erst jetzt, anlässlich des Endes der Insolvenz – der Schlusstermin wurde wie zufällig auf kurz vor Weihnachten gelegt – wird klar, wer an der Insolvenz verdient hat.